Smart-Teleskope in der Amateurastronomie – ein lohnender Einstieg?

Seit einigen Jahren sind auf dem Markt für Teleskope sogenannte „Smarte Teleskope“ verfügbar. Diese bieten ein komplettes, abgeschlossenes Setup bestehend aus Optik, Kamera, Filter und dazugehöriger Software und sind leicht mittels Smartphones oder Tablet zu steuern. Der Vorteil ist, dass sich Interessierte nicht mit der Zusammenstellung eines sinnvollen Setups befassen müssen sondern ein fertiges System kaufen können, dass „out of the box“ einsatzbereit ist. Gerade Einsteigern bietet sich so eine unkomplizierte Möglichkeit in die Astronomie und Astrofotografie im Speziellen einzusteigen. Ende 2023 wurde durch die Firma ZWOptical mit dem Seestar S50 ein weiterer Vertreter der auf den Markt gebracht.

Bei dem Gerät handelt es sich um einen apochromatischen Refraktor auf einer Alt-Az Montierung mit einem Öffnungsdurchmesser von 5 cm. Verbaut sind neben einem Filter zur besseren Darstellung von Nebeln (Bandbreite: OIII 30 nm / Ha 20 nm) ein Akku sowie die Elektronik zur Steuerung und Übertragung der Daten. Durch die Verwendung eines gefalteten Strahlengangs in der Optik können die Abmessungen des Gerätes sehr klein gehalten werden. Das mitgelieferte Stativ und der Sonnenfilter runden das Paket ab. Die Verwendung eines leichten Reisestativs und weiterem Zubehör wie einer Nivellierhilfe und einer Streulichtblende aus dem 3D-Drucker sind nicht zwingend notwendig, verbessern jedoch die Handhabung (Abbildung 1). Das Gerät wird in einem stabilen Koffer geliefert und kann problemlos auf Reisen oder in den Urlaub mitgenommen werden. Weitere Details sind in Tabelle 1 aufgeführt.

Abbildung 1: Seestar S50 mit optionalem Zubehör: Reisestativ, Nivellierbasis und Streulichtblende Quelle: Stefan Schorr

Gesteuert wird das Teleskop über das eigene Smartphone oder Tablet mittels einer kostenlosen App. Diese bietet Zugang zu astronomischen Karten und Katalogen sowie „best-of“ Vorschläge für den aktuellen Standort. Nach Auswahl des Objektes erfolgt eine selbstständige Ausrichtung des Teleskopes und der Beginn der Aufnahme. Hierbei werden Einzelaufnahmen von 10s, 20s oder 30s von der Software automatisch kombiniert und so im Laufe kurzer Zeit Deep-Sky Objekte sichtbar gemacht. Optional kann der Nebel-Filter zugeschaltet werden. Während der Aufnahme wird das Objekt durch die Elektronik ständig nachgeführt und so im Aufnahmebereich gehalten. Durch die Verwendung einer Alt-Az Montierung kommt es bei längeren Belichtungen zu einer unvermeidbaren Bildfelddrehung. Dies führt an den Rändern zur Entstehung von Artefakten. Die fertigen Bilder können per Smartphone einfach geteilt oder weiterbearbeitet werden. Während der Aufnahme werden alle aufgenommenen Bilder intern gespeichert. Diese Daten können im Anschluss auf einen PC übertragen werden und ermöglichen eine weitergehende Bildbearbeitung. Die externe Nachbearbeitung ermöglicht es erfahrenen Nutzern die Qualität der Bilder nochmals erheblich zu steigern und feinere Details herauszuarbeiten.

Tabelle 1: SeestarS50 Details

Auch bei Mitgliedern des VAS sind seit Anfang des Jahres eine zunehmende Zahl an Seestar Geräten im Einsatz und erfreuen sich großer Beliebtheit. Durch die Mobilität und schnelle Einsatzbereitschaft lassen sich innerhalb kurzer Zeit -auch und gerade für Einsteiger- schöne Resultate erzielen. Neben den Objekten des Winterhimmels wie IC434 oder M42 (Abbildung 2 und Abbildung 3) oder Galaxien wie NGC 891 (Abbildung 4) wurden in der Gruppe auch Frühjahrsklassiker wie die Markarjansche Kette und die sommerlichen Objekte wir die Nebel im Sternbild Schützen und Schwan oder der große Kugelsternhaufen im Herkules, M13, aufgenommen.

Es zeigt sich, dass sich in entsprechenden Bildausschnitten neben Detail der Nebel auch viele schwache Galaxien nachweisen lassen. Für 5 cm Öffnung durchaus ein beachtliches Ergebnis!

Dadurch, dass mittlerweile viele Seestar-Geräte bei Vereinsmitgliedern im Einsatz sind, wurde ein Gemeinschaftsprojekt geplant bei dem Daten aus unterschiedlichen Nächten und Geräten kombiniert werden sollten. Das Ziel war es eine tiefere Belichtung mit mehr Details für ein Objekt zu realisieren. Für den ersten Versuch wurde der Adlernebel M16 im Sternbild Schlange ausgewählt. Dieser offene Sternhaufen mit umgebenden Emissionsnebel wurde von dem Schweizer Astronomen Jean-Philippe de Chéseaux erstmals 1745 erwähnt. Er enthält zentrale Staubsäulen die seit den beeindruckenden Aufnahmen des Hubble-Teleskopes als „Säulen der Schöpfung“ auch einer breiten Öffentlichkeit bekannt sind.

Nach kurzer Vorplanung wurden Ende Juli drei separate Datensätze erzeugt die anschließend vereinigt und bearbeitet wurden. Das Ergebnis ist in Abbildung 5 gezeigt und zeigt bereits sehr viele Details im Kerngebiet des Objekts mit den deutlich sichtbaren „Säulen der Schöpfung“ und weiterer Staub-Globulen.

Leider wird auch ein Nachteil des SeestarS50 deutlich – das Gesichtsfeld ist manchmal ungeeignet für ausgedehnte Objekte und es treten Verluste an den Rändern aufgrund der Bildfelddrehung auf. Um dieses Problem zu umgehen, wurde die Umgebung des Adlernebels ebenfalls fotografiert, anschließend die genaue Lokalisation jedes Bildes mittels „PlateSolving“ bestimmt und ein Mosaik angefertigt (Abbildung 6). Die nachfolgende Bearbeitung führte zu dem im Abbildung 7 gezeigten finalen Bild. Dieses enthält Daten von 3 Nutzern, welche in 4 Nächten an unterschiedlichen Orten gesammelt wurden. Neben dem zentralen Adlernebel mit den deutlich sichtbaren „Säulen der Schöpfung“ sind deutlich Strukturen im umgebenden Staub erkennbar. Es zeigt eindrucksvoll, welches Potential in den erzeugten Rohdaten steckt und welche Möglichkeiten durch vereinsinterne Kooperation und Zusammenarbeit ermöglicht werden.

Interessenten an der Mitarbeit in der Gruppe sind jederzeit herzlich willkommen. Sprechen Sie uns an!

Abbildung 2: IC434 – Pferdekopfnebel. Schorr/Pütz

Abbildung 3: Messier 42 – Orionnebel. Schorr/Pütz

Abbildung 4: links: NGC 891 Eine „Edge-On“ Galaxie im Sternbild Andromeda. Entfernung rund 30 Millionen Lichtjahre. Das zentrale Staubband ist deutlich erkennbar. Rechts: Per Pixinsight annotierte Version. Eingezeichnet sind etliche weitere erkannte Galaxien. Schorr/Rauls

Abbildung 5: Adlernebel M16, zentraler Bereich, Henschke/Rauls/Schorr/Steinel

Abbildung 6: Umgebung Adlernebel M16 Mosaik aller verwendeten Bilddaten. Screenshot aus Pixinsight. Henschke/Rauls/Schorr/Steinel.

Abbildung 7: Umgebung Adlernebel M16 Mosaik aller verwendeten Bilddaten. Henschke/Rauls/Schorr/Steinel.

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